Raketen zu bauen, die den Erdorbit erreichen und dabei Nutzlast tragen können, ist das eine. Raumschiffe zu entwickeln, die bis zur ISS oder noch weiter fliegen können, ist das andere. Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX hat hierfür die Dragon-Kapsel im Angebot, mit der man der Konkurrenz weit voraus ist.
Seit 2012 wurde die ISS bereits 29 Mal angesteuert, zwei Mal sogar mit Personen an Bord, – das hat zuvor noch kein privater Betreiber geschafft.
Was also hat es mit den Dragon-Raumschiffen auf sich? Was sind die Merkmale und Besonderheiten? In diesem Beitrag finden Sie es heraus.
SpaceX Dragon 1 – die erste Version
Die erste Ausführung der Dragon-Kapsel absolvierte ihre ersten Testflüge bereits im Jahr 2010, ab Mitte 2012 war sie voll einsatzbereit. Gestartet wurde sie typischerweise mit einer Falcon 9. In ihrer Druckkabine und dem angehängten druckfreien „Trunk” – ein Design, dass sich bis heute gehalten hat – konnte sie Nutzlast zur ISS bringen.
Der Trunk erhöhte dabei nicht nur das Frachtvolumen, sondern war auch mit Flossen für bessere Aerodynamik und mit Solarzellen zur Stromversorgung bedeckt. Bei den ersten Flügen konnten so 2,5 Tonnen Nutzlast transportiert werden, später wurde diese Zahl auf 6 Tonnen erhöht. Beim Rückflug waren maximal 3 Tonnen Fracht möglich, auch weil der Trunk vor Wiedereintritt abgekapselt wurde und verglühte.
Von 20 Versorgungsmissionen gelangen 19, was SpaceX bis heute zum einzigen privaten Raumfahrtunternehmen macht, das regelmäßige Flüge zur Raumstation anbieten kann. Ein weiterer Vorteil gegenüber der Konkurrenz: Beim Verlassen der Raumstation konnte auch Material zurückgebracht werden, da die Dragon im Vergleich zu anderen Kapseln wiederverwendbar war und nicht in der Atmosphäre verglühte.
Es dauerte allerdings bis Juni 2017, bevor tatsächlich ein Start mit einer bereits geflogenen Dragon-Kapsel möglich war.
SpaceX Dragon 2 – Raumschiff für Mensch und Fracht
Bereits 2014 stellte Elon Musk die zweite Version der Dragon-Kapsel vor, 2020 war sie dann endlich einsatzbereit. Sie bringt einige technische Verbesserungen wie ein automatisches Andocksystem (die Dragon 1 musste vom Roboterarm der ISS gefangen werden) mit und kann bis zu fünf Mal geflogen werden. Die Daten in puncto Nutzlast bleiben gleich.
Der wichtigste Unterschied zur Dragon 1 jedoch ist die Möglichkeit, die Kapsel entweder als Frachter oder für bemannte Missionen einzusetzen. Letztere Funktion ist besonders wichtig für die NASA, da seit Ende des Space-Shuttle-Programms keine Möglichkeit mehr bestand, Astronauten mit amerikanischen Vehikeln in den Weltraum zu befördern – entsprechend großzügig wurde die Entwicklung der Dragon 2 gefördert.
Während die Fracht-Version der Dragon 2 gegenüber der Dragon 1 nur die wenigen erwähnten technischen Änderungen mitbringt, verfügt die „Crew Dragon” für bemannte Flüge über einiges an Zusatzausstattung. In die Kapsel integriert sind 8 sogenannte „SuperDraco”-Triebwerke mit insgesamt 71 Kilonewton Schub, die die Besatzung im Notfall von der Trägerrakete wegkatapultieren und so eine sichere Landung ermöglichen. Ursprünglich war auch angedacht, mittels dieser Triebwerke eine Landung an Land zu realisieren, was aber verworfen wurde. Nach wie vor landen alle Dragon-Kapseln mit Fallschirmen zu Wasser.
Die Crew Dragon verfügt außerdem mit 9,3 m3 Volumen über genügend Platz, um sieben Personen komfortabel unterzubringen (bisher allerdings mit maximal vier belegt) und wird über Touchscreens gesteuert – beides eine wesentliche Verbesserung etwa gegenüber der alten, engen Sojus-Kapsel aus Russland.
Auch ein komplett automatischer bzw. vom Boden aus gesteuerter Flug ist mit der Dragon 2 möglich, wie das Beispiel Inspiration4 zeigt. Im September 2021 flogen dabei vier Touristen ohne professionelle Begleitung ins All und kehrten erfolgreich zurück:
Der erste bemannte Flug mit einer Dragon 2 fand allerdings, nach mehreren Jahren Tests, bereits im Mai 2020 statt. Zwei NASA-Astronauten flogen unter großer medialer Beachtung zur ISS und markierten damit den Beginn einer Reihe von regulären bemannten Flügen zur Raumstation mit einem privaten Anbieter. Seitdem fanden einige Crew- und Cargo-Missionen statt, viele weitere sind schon in Planung.
SpaceX Dragon XL
Eine besondere, noch in Planung befindliche Version der Dragon-Kapsel ist die Dragon XL. Von der NASA in Auftrag gegeben, soll sie als Logistik-Modul an die künftige Mond-Orbit-Station LOP-G andocken und dort bis zu ein Jahr lang verweilen können. Wie der Name vermuten lässt, ist die Dragon XL um einiges größer als ihre Vorgänger und wird daher auf einer Falcon Heavy starten. Ein weiterer Unterschied zu Dragon 1 und 2: Die Dragon XL soll, so der Plan, nicht wiederverwertbar sein.
Meinungen, Kritik und Konkurrenz
Die Meinungen zur Dragon-Kapsel fallen in Politik und Medien überwiegend positiv aus – wohl auch, weil bisher fast alles glatt lief. Lediglich ein einziger Verlust einer Dragon 1 ist bei über 30 Starts zu beklagen; und auch hier war nicht die Dragon, sondern die Falcon-9-Trägerrakete verantwortlich. Das nimmt insbesondere jenen Kritikern den Wind aus den Segeln, die der Meinung sind, private Raumfahrt sei durch Profitorientierung weniger sicher als staatlich organisierte Programme.
Darüber hinaus sorgt SpaceX natürlich vor allem in den USA für Euphorie, da man mit der Crew Dragon für bemannte Starts endlich nicht mehr von Russland abhängig ist und so ein Stück des Nationalstolzes wiederherstellen konnte. Viele Medien sind sich einig, das Raumfahrtunternehmen habe mit seinen Flügen zur ISS Geschichte geschrieben.
Zu den vielen positiven Eindrücken trägt aber auch bei, dass SpaceX bisher kaum Konkurrenz hat. Staatliche Institutionen hat man technisch ein- oder sogar überholt und die privaten Konkurrenten wie Blue Origin oder Boeing, die auf dem Papier ähnlich attraktive Produkte zu bieten hätten wie SpaceX, hängen in der Entwicklung noch etwas hinterher. Erst in ein paar Jahren kann man mit einem tatsächlichen Wettbewerb rechnen, bis dahin bleibt Elon Musks Unternehmen – zurecht – einsame Spitze.
Fazit
Die Dragon-Kapseln stellen für SpaceX einen wichtigen Entwicklungsschritt dar. Konnte man zuvor lediglich mit Raketen den niedrigen Erdorbit erreichen, kann man nun auch zu attraktiven Bedingungen Fracht und Menschen zur ISS (und theoretisch noch weiter) bringen. Das ist zuvor noch keinem privaten Anbieter gelungen und hat SpaceX daher einen Eintrag in die Geschichtsbücher verschafft. Selbst erste Schritte Richtung Weltraumtourismus wurden mit den Dragon-Raumschiffen bereits unternommen.
SpaceX ist also gut aufgestellt für die Zukunft. Der Erfahrungsvorsprung aus zahlreichen erfolgreichen Missionen dürfte für die Konkurrenz mittelfristig nur schwer aufzuholen sein.
Quelle Beitragsbild: SpaceX
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