Exklusiv: Interview mit Christoph Krachten zu E-Fuels, Verbrenner-Verbot und der Mobilität der Zukunft

von | 28. April 2023 | E-Auto-Politik

Exklusiv: Interview mit Christoph Krachten zu E-Fuels, Verbrenner-Verbot und der Mobilität der Zukunft

In unserem heutigen Textinterview haben wir die Gelegenheit, mit Christoph Krachten, Journalist und Autor des Spiegel-Bestsellers „Tesla oder: Wie Elon Musk die Elektromobilität revolutioniert“, über das umstrittene Thema E-Fuels zu sprechen. Kürzlich hat die EU in Abstimmung mit der deutschen Bundesregierung beschlossen, das Verbrenner-Verbot ab 2035 abzuändern und E-Fuel-Autos weiterhin zuzulassen.

Dieser Schritt hat für kontroverse Diskussionen gesorgt, wobei Krachten sich klar positioniert. Wir sprechen mit ihm über die Hintergründe dieser Entscheidung, die Rolle von E-Fuels im Kontext der Energiewende und seine Vision für die Mobilität der Zukunft.

Begleiten Sie uns, während wir die verschiedenen Facetten dieses Themas beleuchten und verstehen wollen, welche Auswirkungen dies auf Umwelt und Klimaziele haben könnte.

Christoph Krachten über E-Fuels, das Verbrenner-Verbot und neue Mobilität

Herr Krachten, zunächst einmal möchten wir uns für Ihre Zeit bedanken. Wir freuen uns sehr, dass Sie dem Interview mit insideTesla zugestimmt haben. Kommen wir direkt zu den Fragen.

1. Wie bewerten Sie grundsätzlich die Entscheidung der EU und der deutschen Bundesregierung, E-Fuel-Autos auch nach 2035 zuzulassen?

Christoph Krachten: Es macht überhaupt keinen Sinn, Pkw, die mit Verbrenner-Motoren angetrieben werden, noch nach 2035 zuzulassen, da sich der komplette Verkehrssektor Richtung Elektromobilität entwickelt. Das bedeutet, dass es schon vor 2035 immer weniger Tankstellen, Werkstätten und alles Mögliche, was zum Betrieb eines Pkw mit Verbrennungsmotor nötig ist, geben wird. Das heißt, dieser Kompromiss ist so ein bisschen wie eine Vorspiegelung falscher Tatsachen, und das wird einige Entscheidungen verzögern, was für den Klimaschutz ein Problem darstellt. Davon abgesehen wird es diese Pkw aber wahrscheinlich nicht geben beziehungsweise nur in sehr geringer Stückzahl mit den entsprechenden Problemen.

2. Wie sehen Sie die Rolle von E-Fuels im Vergleich zu reinen Elektrofahrzeugen im Kampf gegen den Klimawandel und zur Erreichung der Klimaziele?

Christoph Krachten: Fahrzeuge, die mit E-Fuel angetrieben werden, sind mit Elektrofahrzeugen nicht konkurrenzfähig. Das fängt schon an mit der Produktion der E-Fuels, die energieaufwendig ist, und geht weiter mit dem Transport und endet dann in einem Verbrennungsmotor, der im Vergleich mit einem Elektromotor extrem ineffizient ist. Der Beitrag zur Erreichung der Klimaziele von solchen Fahrzeugen ist gering, weil sie sehr viel Energie benötigen, um sich fortzubewegen, und diese Energie an anderer Stelle besser gebraucht werden könnte.

Das gilt für alle ineffizienten Antriebe wie Wasserstoff, E-Fuels und dergleichen, die zu viel Energie verbrauchen, die woanders benötigt wird. Diese Antriebe sind nur gerechtfertigt bei Verkehrsmitteln, die anders nicht angetrieben werden können.

3. Die FDP hat sich maßgeblich für E-Fuels eingesetzt. Die Freien Demokraten argumentieren mit der Notwendigkeit von Technologieoffenheit, um Innovationen voranzutreiben. Glauben Sie, dass diese Haltung im Kontext von E-Fuels gerechtfertigt ist, oder sehen Sie hier eher Lobbyinteressen im Spiel?

Christoph Krachten: Technologieoffenheit ist ein Argument, das hier missbräuchlich verwendet wird, denn die Technologieoffenheit gibt es ja. Alle Antriebe können zurzeit gebaut, entwickelt und verkauft werden. Die Elektromobilität setzt sich dabei durch, auch unabhängig von Förderungen, da sie die effizienteste Art ist, sich fortzubewegen mit den geringsten Verlusten, weil eben direkt Strom erzeugt wird, nicht mittels Verbrennung oder wie bei Wasserstoff zunächst mit der Elektrolyse, dem Transport und dann wieder der Umsetzung in elektrische Energie.

Bei Elektroautos wird an keiner Stelle der Energieträger umgewandelt. Das heißt, es ist von der Entstehung bis zur Verwendung im Elektromotor elektrische Energie, was diese Antriebe extrem effizient macht. Deswegen hat die Elektromobilität im Rahmen der Technologieoffenheit, was den Antrieb von Pkw angeht, gewonnen.

4. Kritiker merken an, dass E-Fuels in der Herstellung teurer und weniger effizient sind als E-Autos. Wie bewerten Sie das Kosten-Nutzen-Verhältnis von E-Fuels im Vergleich zu reinen Batterie-Elektrofahrzeugen?

Christoph Krachten: Das Kosten-Nutzen-Verhältnis von E-Fuels ist extrem schlecht, sie sind ineffizient und werden extrem teuer sein. Es wird schwierig sein, ein Verbreitungsnetz dafür zu entwickeln, weil das Tankstellennetz bis dahin stark ausgedünnt worden sein wird. Jetzt fängt das ja schon an, TotalEnergies dünnt sein Tankstellennetz aus, verkauft es und verändert die ganze Infrastruktur.

5. Es gibt Befürworter, die argumentieren, dass E-Fuels eine Übergangslösung sein könnten, bis die Infrastruktur für Elektroautos flächendeckend ausgebaut ist. Wie stehen Sie zu dieser Meinung und sehen Sie hier mögliche Vorteile von E-Fuels?

Christoph Krachten: Die Argumentation, dass es eine Übergangslösung ist, stimmt auch nicht. Man muss dazu sagen, dass die Ladeinfrastruktur immer besser ausgebaut wird. Im Gegenteil, im Jahr 2035 wird die Tankstelleninfrastruktur schlechter sein als die Ladeinfrastruktur. Also auch aus dieser Sichtweise heraus ergeben E-Fuels keinen Sinn.

6. Kritiker werfen der EU und der Bundesregierung vor, dass die Entscheidung für E-Fuels letztendlich zu einer Verzögerung beim Umstieg auf Elektromobilität führt. Teilen Sie diese Befürchtung, und welche Auswirkungen könnte dies auf die Umwelt und die Klimaziele haben?

Christoph Krachten: Ich stimme dem zu, dass das lediglich zu einer Verzögerung führt, vor allen Dingen auch in den Vorstandsetagen der Automobilkonzerne, wo der Irrglaube entsteht, dass sie weiterhin Verbrenner produzieren könnten. Das wird nicht mehr in signifikanten Stückzahlen möglich sein. Die traditionellen Autohersteller sind durch diese Entscheidung extrem gefährdet, weil sie nicht schnell genug auf effiziente Elektromobilität umsteigen. Wir sehen da ja ganz große Defizite vor allen Dingen bei der Software und bei der Marge, die mit diesen Fahrzeugen erzielt wird, weil immer noch Verbrennermotoren aufwendig produziert werden, und das ist eine Existenzfrage für diese Autohersteller.

7. In Ihrer Arbeit als Autor, Journalist und Content Creator setzen Sie sich für eine nachhaltige Mobilität ein. Bislang haben Sie sich klar gegen E-Fuels positioniert und zuletzt mit Katja Diehl und Volker Quaschning eine Petition gegen die E-Fuel-Politik gestartet. Können Sie uns einen Einblick in Ihre persönliche Motivation für den Umweltschutz geben und Ihre Beweggründe erläutern, warum Sie diese Haltung einnehmen?

Christoph Krachten: Meine persönliche Motivation für den Umweltschutz beginnt vor etwa 40 Jahren, als ich eine Jugend-forscht-Arbeit über den Strunder Bach, der von Bergisch Gladbach nach Köln fließt, geschrieben habe, wo es um die chemische Analyse dieses Baches ging. Von da an habe ich mich für die Umwelt eingesetzt und fahre seit 20 Jahren Elektrofahrzeuge. Der Punkt ist, dass wir so einfach nicht überleben können als Menschheit, und das gilt nicht nur für uns Menschen, sondern für viele, viele, viele Arten auf diesem Planeten. Es hat ja ein riesiges Massenaussterben begonnen, angefangen bei Insekten über Vögel und weiteren Arten. Und wir müssen dringend dieser Entwicklung Einhalt gebieten.

Bei der individuellen Mobilität, also der mit Pkw, ist der Elektroantrieb absolut das Mittel der Wahl, weil er sich im technologieoffenen Wettstreit durchgesetzt hat. Deswegen kämpfe ich dafür, dass diese Entwicklung weiter vorangetrieben wird, auch, um die deutschen Autohersteller zu schützen. Wenn diese hier den Anschluss verlieren, dann droht für sie der Kodak-Moment, das heißt das Ende einer riesigen Firma von jetzt auf gleich, und das gilt für alle deutschen Automobilhersteller.

8. Welche politischen Maßnahmen würden Sie sich wünschen, um den Übergang zur emissionsfreien Mobilität zu beschleunigen?

Christoph Krachten: Als politische Maßnahmen wünsche ich mir einen schnellen Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie einen viel schnelleren Ausbau der regenerativen Energien wie Windräder und Solarzellen. Ebenfalls wichtig ist die energetische Sanierung von Gebäuden, etwa die Umstellung auf Wärmepumpen. Wir müssen sehr schnell auf eine CO2-freie Energiewirtschaft umstellen. Dazu muss man wissen, dass inzwischen zwar rund 50 Prozent des Stroms in Deutschland regenerativ hergestellt wird, allerdings für die Gesamtenergie, also Benzin, Diesel und Industrieprozesse sind es nur 15 Prozent. Das heißt, es fehlen noch 85 Prozent. Da muss unbedingt schneller vorangegangen werden, und die alte Bundesregierung hat hier einfach sehr viel liegen lassen.

9. Es gibt auch Stimmen, die behaupten, dass E-Fuels bestimmte Nischen im Verkehrssektor bedienen könnten, wie zum Beispiel im Schwerlastverkehr oder in der Luftfahrt. Wie stehen Sie zu dieser Argumentation und sehen Sie zumindest hier Potenzial für E-Fuels als Ergänzung zur Elektromobilität?

Christoph Krachten: Ja, E-Fuels können bestimmte Nischen füllen, und da werden sie gebraucht und für einen Übergang sorgen. Wahrscheinlich wird es auch in Zukunft Flugzeuge geben, die elektrisch fliegen können. Es gibt inzwischen Batterien mit einer sehr hohen Energiedichte. Diese sind zwar noch extrem teuer, aber auch hier wird es eine Entwicklung geben. Von daher sind E-Fuels für diese Mobilitätsangebote oder diesen Transportverkehr wahnsinnig wichtig, aber nicht für den Antrieb von Pkw.

10. Abschließend möchten wir Ihnen die Gelegenheit geben, Ihre Vision für die Mobilität der Zukunft zu teilen. Welche Entwicklungen sind in Gesellschaft, Politik und Industrie Ihrer Meinung nach notwendig, um eine umweltfreundliche und nachhaltige Mobilität in Deutschland und Europa zu erreichen?

Christoph Krachten: Die Mobilität muss sich einfach grundsätzlich ändern. Wir sollten weniger mobil sein, wir sollten möglichst nicht mehr fliegen. Wir sollten in Massenverkehrsmitteln unterwegs sein wie eben der Deutschen Bahn oder öffentlichen Verkehrsmitteln, die auch noch energieeffizienter gebaut und betrieben werden müssen. Ein wichtiger Punkt zum Beispiel sind Straßenbahn und Reisebusse, weil dafür wenig gebaut werden muss und sie so ziemlich die effizientesten Mobilitätsformen für Kurz- und Langstrecke sind. Das sollte stärker forciert werden.

Bonusfragen: Sie sind Autor des Buches „Tesla oder: Wie Elon Musk die Elektromobilität revolutioniert“. Als Tesla-Blog müssen wir Ihnen natürlich zwei Fragen stellen.

1. Wie sehen Sie die Rolle von Tesla im Umschwung auf E-Mobilität im Moment und in der Zukunft?

Christoph Krachten: Tesla ist extrem wichtig für den Umschwung zur E-Mobilität. Ohne Tesla wären wir heute nicht so weit. Tesla hat überhaupt zum ersten Mal ein Batteriemanagement entwickelt, das E-Mobilität ermöglicht. Ohne die Forschung und Entwicklung von Tesla wären wir nicht da, wo wir heute sind. Tesla hat dort für all die Erkenntnisse gesorgt, die heute nötig sind, um Elektrofahrzeuge bauen zu können. Und jetzt ist Tesla dabei, die Produktion zu revolutionieren und Fahrzeuge mit deutlich geringerem Aufwand zu produzieren, was noch mal alles umkrempeln wird. Denn dadurch werden Elektroautos viel, viel erschwinglicher.

Tesla ist weiterhin Vorreiter und setzt die traditionellen Autohersteller unter Zugzwang, nämlich wenn diese denken, dass sie in anderen Gegenden der Welt noch Verbrennermotoren verkaufen können. Das wird ein Rennen wie Hase und Igel und der Igel wird dann immer zuerst da sein, wie jetzt in Südamerika mit der Gigafactory in Mexico. Von dort aus wird Südamerika mit günstigen Elektroautos überschwemmt werden. Das wird dann auch dort den Markt nicht mehr zugänglich machen für Verbrenner aus hiesiger Produktion.

2. Welches Tesla-Modell ist Ihr persönlicher Favorit – und warum?

Christoph Krachten: Mein persönlicher Tesla-Favorit ist das Model Y, weil es ein sehr effizientes Fahrzeug ist, trotzdem ein großes Volumen hat. Es ist ja das aktuellste Produkt, das heißt, daran ist sehr viel optimiert worden. Bis zum jetzigen Zeitpunkt stellt es die optimale Kombination zwischen Größe und Effizienz dar. Wie sich ein Toyota-Manager äußerte, ist es „ein Meisterstück“ und den Eindruck habe ich auch; bis auf die Federung, aber die wurde, soweit ich weiß, inzwischen auch optimiert.

Das war das Interview zwischen insideTesla und Christoph Krachten. Auf Instagram und YouTube teilt Herr Krachten regelmäßig Inhalte zu den Themen Wissenschaft, Mobilität und vielem mehr.

Wie stehen Sie zu E-Fuels und ihrer Rolle im Kontext der Mobilitätswende? Glauben Sie, dass sie eine sinnvolle Ergänzung sind oder teilen Sie Herr Krachtens Einschätzung einer Bremse für den Wandel hin zu einer nachhaltigen Mobilität? Teilen Sie Ihre Gedanken in den Kommentaren. Wir freuen uns auf eine angeregte Diskussion.

Foto Christoph Krachten: Veronika Rehm | Foto Elektroauto: CHUTTERSNAP via Unsplash

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