Tesla streicht die Reifendrucksensoren in Model 3 und Model Y Standard. Statt exakter Werte auf dem Display gibt es künftig Warnungen bei Luftdruckverlust mittels „indirektem System“, das den Luftdruck auf Basis der Raddrehzahlsensoren berechnet. Dabei erkennt das System Unterschiede in der Rotationsgeschwindigkeit der Räder und schließt daraus, ob ein Reifen zu wenig Luft hat – ganz ohne zusätzliche Sensoren im Rad.
Tesla ersetzt Sensoren mit „Indirektem System“
In den neuesten Benutzer-Handbüchern zu Software-Update 2025.38 zeigt sich eine klare Änderung: Die Standard-Versionen von Model 3 und Model Y verzichten künftig auf das klassische „Direct TPMS“ (Tire Pressure Monitoring System). Statt der bisherigen Bluetooth-Sensoren in den Reifen setzt das Unternehmen auf eine softwarebasierte Lösung, die den Reifendruck indirekt über die ABS-Raddrehzahlsensoren erkennt.
Das Prinzip dahinter ist einfach, aber effektiv: Ein Reifen mit zu wenig Luft hat einen geringeren Durchmesser und dreht sich dadurch etwas schneller. Das System erkennt diese Abweichung und warnt den Fahrer – allerdings ohne genaue Druckwerte anzuzeigen.
Wichtig: Diese Änderung wurde in einem US-Benutzerhandbuch festgestellt. Ob es sie auch in Europa geben wird, ist noch nicht bestätigt.
Komfort gegen Kosten
Mit dem Wegfall der Direktmessung verschwindet auch die Anzeige der exakten PSI-Werte auf dem Bildschirm. Wer künftig wissen möchte, wie hoch der Druck in jedem einzelnen Reifen ist, muss wieder zum klassischen Luftdruckprüfer greifen.
Für den Elektro-Pionier ist dieser Schritt eine bewusste Entscheidung zugunsten der Produktionskosten. Jedes Fahrzeug spart vier batteriebetriebene Sensoren ein – ein kleiner, aber im großen Maßstab spürbarer Unterschied. Da die Gesetzgebung in den USA lediglich eine Warnung bei starkem Druckverlust vorschreibt, bleibt Tesla mit der neuen Lösung vollkommen regelkonform.
Indirektes System in Europa legal?
In Europa (und damit auch in Deutschland) sind Reifendruckkontrollsysteme (RDKS / TPMS) seit dem 1. November 2014 gesetzlich vorgeschrieben für alle neu typgenehmigten Fahrzeuge der Klasse M1 (also normale Pkw).
Wichtig ist aber die Unterscheidung: Das Gesetz (ECE-R 64) schreibt ein Reifendruck-Kontrollsystem vor – nicht aber, welche Art. Sowohl direkte Systeme (mit Sensoren in den Reifen) als auch indirekte Systeme (über ABS-/ESP-Sensoren) sind zulässig, solange sie zuverlässig warnen, wenn ein Reifen deutlich zu wenig Luftdruck hat.
Das bedeutet:
- Tesla darf in Europa ebenfalls auf das indirekte System umstellen, ohne gegen geltendes Recht zu verstoßen.
- Es ist also nicht ausgeschlossen, dass die Änderung auch bei den europäischen Standard-Modellen greift – vorausgesetzt, das System erfüllt die Anforderungen der ECE-R64 (Warnung bei ca. 20–25 % Druckverlust innerhalb bestimmter Zeit und Strecke).
Bisher (Stand Oktober 2025) gibt es noch keine offizielle Bestätigung, dass Tesla diese Umstellung auch in den europäischen Handbüchern oder Fahrzeugen vorgenommen hat. Die entdeckte Änderung stammt aus den US-Owner’s Manuals. Allerdings ist es wahrscheinlich, dass Tesla die gleiche Anpassung schrittweise global ausrollt – wie bei vielen Hardware-Optimierungen der Standard-Modelle.
Einschränkungen bei Fremdreifen
Ein Nachteil des indirekten Systems: Es ist empfindlich gegenüber Änderungen an Reifen oder Felgen. Wer auf andere Dimensionen oder nicht originale Tesla-Reifen umsteigt, riskiert ungenaue Warnmeldungen oder eine fehlerhafte Kalibrierung.
Nach jedem Reifenwechsel oder Nachfüllen von Luft empfiehlt Tesla, über das Menü Service > Reifen > Reifendruck > Kalibrieren eine Neuanpassung durchzuführen. Das System benötigt dafür rund 20 Minuten Fahrt bei gleichmäßiger Geschwindigkeit.
Tesla setzt Prioritäten
Der Verzicht auf die Sensoren zeigt, dass der US-Autobauer seine Standard-Modelle zunehmend effizienter und günstiger gestalten will – ohne die gesetzlichen Sicherheitsanforderungen zu verletzen. Während Premium-Modelle weiterhin das komfortable Direkt-System behalten, sollen die Einstiegsvarianten durch weniger Hardware günstiger produziert werden können.
Ob die Kunden diesen Kompromiss akzeptieren, bleibt abzuwarten. Für viele dürfte die fehlende Live-Anzeige ein Rückschritt sein – für andere ist es kaum mehr als ein kleiner Preis für ein günstigeres Fahrzeug.
Finden Sie die Entscheidung nachvollziehbar oder ist der Verzicht auf Reifendrucksensoren ein Fehler? Diskutieren Sie Ihre Meinung in den Kommentaren.
Quelle Beitragsbild: Mit freundlicher Genehmigung von Tesla, Inc.